Gebet in Aktion

Immer wieder hören wir, dass Gebet wichtig und richtig ist. Die Bibel spricht oft davon und doch fällt es uns meistens schwer.  

Wenn es so wichtig zu sein scheint, aber trotzdem so ein kompliziertes Thema ist, wäre es hilfreich, zuerst darüber nachzudenken, was Gebet denn eigentlich ist bzw. was es nicht ist. 

Eines der wichtigsten Gebete in der Bibel – das „Vater unser“ aus Matthäus 6,5-15 – betont die Tatsache, dass es beim Gebet zuerst um Gott geht, um seine Ehre, sein Königreich und seinen Willen. Dann geht es darum, dass wir durch Sündenvergebung mit Gott und unserem Nächsten im Reinen sind. Und erst zuletzt geht es um unsere materiellen und seelischen Bedürfnisse. 

Wenn wir dabei Gebetsworte einfach nur hersagen oder beim Beten nur materielle Güter im Sinn haben, laufen wir Gefahr, durch viel eigenes Reden und Lärmen zu verhindern, dass Gott zu Wort kommt. Häufiges und intensives Beten ist keine Garantie für Wunscherfüllung, das wäre „Aberglaube“. 

Auch das ewige Leben haben wir durch ein Gebet erhalten, allerdings nicht allein durch die Tatsache, dass wir ein bestimmtes Gebet gesprochen haben bzw. eine bestimmte Formulierung oder Wortwahl gebraucht haben. 

Beziehung 

Beim Gebet geht es also tiefer. Es geht um unsere tiefste Überzeugung. Es geht um eine echte, innige und tiefe Beziehung. Dieser Gedanke spiegelt sich auch in Psalm 145,17-18 wider:

„Der Herr ist gerecht in all seinem Handeln und gütig in all seinen Taten. Nahe ist der Herr denen, die zu ihm rufen, allen, die ihn aufrichtig anrufen.“ (NGÜ) 

Im Gebet zeigen und erleben wir ein Stück von unserer eigenen Beziehung zu Gott, zu uns selbst und zu anderen Menschen. Das Gebet ist niemals nur Ausdruck von Gedanken und Gefühlen; es ist ein Kontakt zwischen Mensch und Gott. Letztlich spiegelt unsere Kommunikation mit Gott auch unsere Beziehung zu ihm wider. 

Jemand sagte mal: „Lass mich dein Gebetsleben miterleben und ich kann sehen, wie gut du Gott kennst“. 

Gebet ohne Handeln 

In Sprüche 28,9 lesen wir: 

„Wenn einer sein Ohr abwendet und nicht auf die Weisung hört, ist auch sein Gebet abscheulich.“ (ZB) 

Mit anderen Worten: Gebete sprechen an sich hilft uns nicht weiter. Es gehört vielmehr dazu, sich auf Gott selbst einzulassen und seinen Anweisungen zu folgen. 

Wenn wir das Gebet grob in zwei Arten einteilen würden, wäre da einmal das Gebet für andere und zum anderen das Eigenleben, in dem ich Zeit mit Gott verbringe. 

Wenn jemand in Not ist, Hilfe braucht oder verletzt ist, beten wir füreinander und das ist wichtig. Oft fällt es uns sogar leichter für andere zu beten, als persönlich Zeit mit Gott zu verbringen, sobald es über 10 min. hinausgeht. Manchmal frage ich mich, ob wir uns hin und wieder vor unserer Verantwortung für den Nächsten drücken, indem wir lieber für Menschen beten, als dass wir uns Zeit nehmen, um ihnen zu helfen. Natürlich ist es nicht verkehrt für andere zu beten, aber manchmal wirkt die Zusage meines Gebets für den Anderen auch wie eine „saubere“ Art und Weise zu sagen, dass ich keine Zeit oder Lust habe, mich mit dem Anliegen auseinanderzusetzen.  

Das Gebet für andere sollte auf der Basis der eigenen Zeit mit Gott beruhen. Erst aus der persönlichen Zeit und Begegnung mit Gott heraus folgt das Gebet für den anderen. 

Schließlich hat Gebet, in welcher Form auch immer, viel mit Zeit zu tun.  

Das persönliche Gebet bereitet den Weg zu einer Begegnung mit Gott, mit den Mitmenschen und mit sich selbst. Ein Mensch, der betet, bekennt damit seinen Glauben. Wie bereits erwähnt, ist Gebet niemals nur Ausdruck von Gedanken und Gefühlen. Gebet ist ein Vorgang, bei dem zwischen Mensch und Gott etwas geschieht. Gebet ist die innere Bereitschaft, sich von Gott verändern zu lassen. Gebete prägen und formen unseren Glauben. Durch die Verbindung mit Gott hat auch das einfachste und schlichteste Gebet enorme Kraft und Wirksamkeit. 

Das habe ich selbst vor einiger Zeit erleben können: Mit 25 Jahren nahm ich eine Stelle als stellvertretender Direktor einer Jüngerschaftsschule in den USA an. Bevor es losging, verbrachte ich viel Zeit mit Gott und fragte ihn, was in dem kommenden Jahr auf mich zukommen würde oder was Gott mir zeigen möchte. An einem Abend nahm ich wahr, dass Gott sagte: „Ich werde dir meine Liebe zeigen, sodass die Leute um dich herum meine Liebe in dir sehen und wissen, dass ich sie auch liebe.“  

Ein halbes Jahr später ging ich durch eine persönliche Krise und klagte Gott mein Leid. Plötzlich, aus dem Nichts, überkam mich das Gefühl, dermaßen von Gott geliebt zu sein, dass ich es nicht in Worte fassen kann. Drei Tage hielt dieser Zustand an. Ein halbes Jahr danach sagte mir ein Leitungsmitglied, dass sie in mir deutlich die Liebe Gottes sieht und sich das für sich selbst auch wünscht. Erst danach erinnerte ich mich, dass Gott es mir ein Jahr zuvor mitgeteilt hatte. Leider ist die Liebe Gottes in mir nicht immer sichtbar, aber dieses Erlebnis hat sich in mir eingebrannt und hilft mir, mich bewusster auf Gott einzulassen und hinzuhören. 

Auf Gott hören 

Da Gebet eine Art der Kommunikation ist, gehört Hören und Reden im gleichen Maß dazu.  

In einer kleinen Anekdote heißt es, dass ein Philosoph und ein Theologe sich eines Tages über das Gebet unterhielten. Der Philosoph verglich den Beter mit jemandem, der am Telefon redet, aber gar nicht weiß, ob am anderen Ende einer zuhört. Der Theologe antwortete: „Herr Kollege, Sie irren! Wir reden mit Gott, weil es bei uns geklingelt hat.“ 

Ein Gebetsleben kann wie ein einseitiges Telefongespräch sein. Wir sprechen zwar zu Gott im Gebet, doch sobald wir fertig sind, legen wir den Hörer auf in der Überzeugung, dass das, was danach passiert, sein Wille für mich ist – schließlich habe ich ja gebetet. Ich vertraue darauf, dass Gott durch die Bibel, durch andere Menschen und durch Gegebenheiten meines Lebens zu mir spricht – und das tut er auch. Aber was ist, wenn er direkt zu mir sprechen will? Da haben wir oft, bildhaft gesprochen, den Hörer auf der Gabel und hören das Telefon nicht einmal klingeln. 

Auch wenn wir noch viel zu lernen haben, was das Hören auf Gott bedeutet, ist mir doch klar, dass dies zum Kern des Gebets gehört. Gerade in besonderen Zeiten der Stille können wir offen sein für das, was Gott mir sagen will. Und es kommen manchmal tatsächlich Menschen, Situationen oder Lösungen in den Kopf, die ich als Gottes Stimme vernehme. 

Zuhören 

Das Zuhören ist der schwierigere Teil vom Beten. Bevor man für andere betet ist es wichtig, dass man selbst zur Ruhe kommt und der Stimme Gottes lauscht. Erst aus dieser Haltung heraus erfahren wir, für wen und für welche Dinge wir bitten sollen. Wenn wir uns nicht auf Gottes „Wellenlänge“ einstellen, bleibt unser Beten oft ein Geplapper. 

Oft fehlt uns das Vertrauen darauf, dass es aufgrund des Gebets Veränderungen geben könnte. Das hat auch damit zu tun, welches Verständnis ich von Gott und mir habe. Was ist meine Aufgabe und was ist seine? Ich bete, Gott macht? Gott wartet, bis ich bete, dann macht Er? Muss ich betteln? Ich merke, wie oft ich in Muster verfalle, ohne es zu merken. Ich erkläre Gott die Situation, um ihm deutlich zu machen, dass es gut und richtig ist dieses Gebet zu erhören. Kennt ihr das? 

Mir ist bewusst geworden, dass Jesus durch das vollbrachte Werk am Kreuz gezeigt hat, dass er Beziehung will, dass er mit uns nah verbunden sein will, dass ihm nichts wichtiger ist als seine Braut, die Gemeinde, wovon ich ein Teil bin. Er hat alles vollbracht, alles! 

Und er lädt mich ein Teil seines Reiches zu sein und es mit zu gestalten. Ich bin Miterbe und mit diesem Bewusstsein sehne ich mich mehr zu erfahren und zu wissen, dass nichts zu klein ist und auch nichts zu groß. Mit dieser Einstellung möchte ich Zeit mit Gott verbringen und dann legt er ein Verlangen in mich hinein, wofür ich Beten soll und wir uns austauschen können. 

Ich arbeite vollzeitig für To all Nations im Bereich Bibeldruck. In der Druckerei in Sri Lanka haben wir fünf Jahre vor Ort mitgearbeitet und tun dies jetzt schon seit sechs Jahren von Deutschland aus. Vor drei Jahren legte mir Gott aufs Herz, dass wir uns darauf konzentrieren sollten, viel mehr Bibeln zu drucken und in die Welt zu schicken. Es gab zu dem Zeitpunkt keinerlei sichtbare Zeichen, dass sich die Aufträge dafür erhöhen würden. Nachdem ich es im Leitungsteam angesprochen hatte, brachen alle Aufträge für drei Monate ein. Als die noch vorhandenen Aufträge abgearbeitet wurden, mussten wir die Belegschaft sogar für zwei Wochen nach Hause schicken. Dann plötzlich ergaben sich gute Kontakte und wir erhielten Aufträge für ein ganzes Jahr! Im zweiten Jahr mussten wir Teile der Aufträge aus Kapazitätsgründen absagen. 2019 haben wir fast 50% mehr Bibeln gedruckt als im Jahr 2018! Mit unseren alten Maschinen kommen wir absolut an unsere Kapazitätsgrenzen, sodass wir uns entschieden haben, für ca. 250.000€ die Maschinen zu erneuern. Wir haben dabei gerade erst erlebt, wie Gott Menschenherzen dafür bewegt, diese finanzielle Herausforderung zu meistern. Ca 200.000€ sind bereits zusammengekommen und eine Druckmaschine ist bereits in Sri Lanka eingetroffen. Preist den Herrn! 

Abgesehen von der Erhörung von Gebeten, sind Gebete für Christen allein schon deshalb lebenswichtig, weil sie ihr Lebenselement sind. Im Gebet üben wir den Glauben, die Demut und die bewusste Abhängigkeit von Gott. Gebet, im Sinne von Zeit in der Gegenwart Gottes zu verbringen, verändert unser Herz und unser Leben. Gott verwendet das Gebet, damit wir mehr und mehr seinen Willen und seine Pläne verstehen und sein Wesen annehmen. Im Gebet pflegen wir eine intime Beziehung zum Vater und werden allmählich Jesus ähnlicher. 

Es gibt sehr viele Arten und Fassetten von Gebet und unendlich viele Bibelstellen, die das alles untermauern. Gleichzeitig wird es uns nicht verändern, wenn wir nur die Theorien lernen und nicht selbst im Gebet Veränderungen erleben. Im Gebet geht es in erster Linie nicht um Gebetserhörungen, sondern um das Hören auf Gott, welches unsere Liebe und Beziehung zu Ihm und unseren Nächsten wachsen lässt. Im Gebet werden wir Jesus ähnlicher und können daraufhin unsere Umgebung und Mitmenschen näher zu Gott bringen. 

Vielleicht können wir auch radikal sagen: Wer keine Zeit fürs Gebet hat, hat auch kein Interesse daran, sich im Reich Gottes so einzusetzen, wie Gott es sich vorstellt oder plant. 

Ohne Zeit in seiner Gegenwart sind wir darauf angewiesen, Gottes Stimme irgendwie wahrzunehmen, damit wir die richtigen Entscheidungen treffen. 

Gott hat ein großes Interesse daran, mit uns zu kommunizieren. Er möchte uns seinen Weg zeigen und uns helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen – für uns und für andere. Aber in erster Linie will er uns verändern und eine tiefe Freundschaft mit uns haben. 

In Jeremia 33,3 lesen wir:

„Rufe mich an, so will ich dir antworten und will dir kundtun große und unfassbare Dinge, von denen du nichts weißt.“ 

Mich hat Gott durch diesen Vers herausgefordert. Er hat wunderbarere und große Sachen vor. Bevor Jesus wiederkommt, möchte Er, dass alle seine gute Botschaft gehört haben, dass Seine Gemeinde wachsam ist und in enger Beziehung mit ihm steht. Und dafür ist er breit große Dinge zu vollbringen. Das Größte ist erstmal, dass meine Liebe zu Jesus stark ist und ich mich ganz auf ihn einlasse, ihm ähnlicher werde. Das fängt mit Gebet und in seiner Gegenwart an. 

Über den Autor

Daniel Kort

Daniel Kort

Daniel koordiniert eine Bibeldruckerei auf Sri Lanka nach einiger Zeit vor Ort nun von Deutschland aus.

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